Zum Hauptinhalt springen

Claudia Sichert-Gräbner

Ambulant betreutes Wohnen

Das Team hier und die Aufgaben und die Sozialpsychiatrie – das ist einfach meine Welt!

Wie lang bist du schon bei der Diakonie und wie bist du zur Diakonie gekommen?

Ich hatte eigentlich schon nach meinem Abitur 1993 den ersten Kontakt zur Diakonie. Ich habe nämlich im Wohnheim Schloss Oberkotzau ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht. Wie ich dort gelandet bin, kann ich gar nicht mehr so genau sagen (lacht). Aber es wurde dort jemand gesucht und so habe ich mich beworben. Danach habe ich an der Evangelischen Hochschule Nürnberg Sozialpädagogik studiert und währenddessen mein Semesterpraktikum beim Sozialpsychiatrischen Dienst des Diakonischen Werkes Hof absolviert. 1998 war dort in der Begegnungsstätte* eine Teilzeitstelle ausgeschrieben, für die ich eingestellt wurde. Ein Jahr darauf fand ich jedoch eine Vollzeitstelle in der Schwangerschaftsberatung des Gesundheitsamtes Wunsiedel und wechselte dort hin. Es war einfach näher an meinem Wohnort. Als sich jedoch im Juli 2001 die Möglichkeit ergab, Vollzeit im Sozialpsychiatrischen Dienst zu arbeiten, bin ich zurückgekommen. Es lag nicht unbedingt an der Stelle in Wunsiedel, aber ich habe einfach gemerkt: Das Team hier und die Aufgaben und die Sozialpsychiatrie – das ist einfach meine Welt! Seitdem war ich in verschiedenen Arbeitsbereichen des Sozialpsychiatrischen Dienstes tätig: In der Beratung, aber auch in der Begegnungsstätte und im betreuten Wohnen. Ich habe auch verschiedene Bereiche miteinander kombiniert, je nachdem, wie es sich ergeben hat. Seit 2013 arbeite ich nur noch im ambulant betreuten Wohnen und bin für Klient:innen in Stadt und Landkreis Hof zuständig.

* Die Begegnungsstätte ist eine Anlaufstelle für Menschen mit seelischen Erkrankungen. Sie ist für alle da, die neue Kontakte knüpfen wollen, Abwechslung im Alltag oder neue Ideen für ihre Freizeitgestaltung suchen und sich mit anderen Betroffenen austauschen möchten.

Wie genau sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?

Ein typischer Arbeitsalltag ist sehr schwierig zu beschreiben. Von außen betrachtet sieht es auf jeden Fall so aus, dass ich viel mit dem Auto unterwegs bin und meine Klient:innen zu Hause besuche. Oder man sieht mich mit Klient:innen beim Spaziergang, im Café, beim Einkauf, bei Ämtern oder beim Arzt. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, ich bekäme mein Geld fürs Rumfahren und Kaffeetrinken (lacht). Das gehört zwar dazu, ist aber nur ein Mittel für meine Arbeit, in dem es vor allem um Beziehungsaufbau geht und darum, für meine Klient:innen verlässlich da zu sein. Die Kernaufgabe meiner Arbeit ist es, diesen Menschen zu ermöglichen, ihren Alltag zu bewältigen und zu strukturieren, indem ich sie bei ganz normalen Dingen begleite. Ich unternehme also ganz normale Dinge mit ihnen, damit sie diese überhaupt erledigen können bzw. befähigt werden, sie nach und nach selbständig auszuführen.

Natürlich gehört auch Büroarbeit dazu. Ich dokumentiere meine Arbeit oder schreibe Berichte für Kostenträger. Oder ich kontaktiere im Auftrag meiner Klient:innen mal einen Vermieter oder einen Arzt, um einen Termin zu vereinbaren. Telefonieren, Emails schreiben, Termine organisieren, solche Dinge. Ich unterstütze meine Klient:innen also in allem, was sie allein noch nicht schaffen.

Die Menschen, die wir betreuen, leiden unter chronisch-psychischen Erkrankungen und die Diagnosen sind vielfältig. Eine Diagnose ist für mich in meiner Arbeit jedoch weniger aussagekräftig als die Frage danach, wo genau ich ihn oder sie im Alltag am besten unterstützen kann. Und diese Frage lässt sich bei jedem Menschen so eben nur ganz individuell und verschieden beantworten. Manchen gelingt es nicht einmal mehr, allein ihre Wohnung zu verlassen, weil sie an Angstzuständen leiden oder ihnen auf Grund einer schweren Depression der Antrieb fehlt. Oder sie erleiden Panikattacken beim Einkaufen, leiden an Psychosen und können ihrer Wahrnehmung nicht trauen oder werden von Zwängen bestimmt. All dies ist eben sehr beängstigend und schränkt im Alltag total ein. Hier biete ich Unterstützung und treffe meine Klient:innen je nach Bedarf ein bis zwei Mal pro Woche. Für manche bin ich tatsächlich die einzige oder wichtigste Kontaktperson, da sie sehr isoliert leben.

Was macht dir an deiner Arbeit besonders viel Spaß?

Es macht mir Spaß, dass ich immer interessante Leute treffen und mit ihnen im Gespräch sein kann. Und dass jeder Tag flexibel ist. Es ist eine sehr dynamische Arbeit und wird nie langweilig. Auch die Arbeitszeiten lassen sich sehr flexibel einteilen, das ist ideal.

Was gibt dir in deiner Arbeit (besonders viel) Sinn?

Sinn gibt mir vor allem, wenn ich merke, dass die Arbeit für die Menschen wichtig und hilfreich ist. Dies melden sie oft auch direkt zurück und sind sehr dankbar. Zum Beispiel, wenn sie sagen „Das hat mir jetzt geholfen“, oder „Ich bin froh, dass ich dies jetzt mit deiner Hilfe endlich erledigen konnte.“ Oder wann man merkt, dass er oder sie am Anfang des Gesprächs noch sehr bedrückt ist und dann am Ende lachen wir gemeinsam. Das sind sehr schöne Momente!

Warum bist du schon so lang dabei, aus welchen Gründen/Vorteilen?

Wir haben ein ganz tolles Team, es ist ein ganz tolles Arbeiten bei uns. Wir haben es bis heute immer wieder geschafft, uns als Team zusammengehörig zu fühlen. Wir sind zwar sehr viele und sehr unterschiedlich, aber wir halten zusammen. Ich kann mich immer auf Unterstützung verlassen und es ist immer ein Miteinander.

Auch die Rahmenbedingungen sind sehr gut. Ich kann mir meine Arbeit relativ flexibel einteilen und konnte mein Familienleben immer gut mit der Arbeit verbinden. Es ist flexibel und es ist sehr abwechslungsreich. Es ist einfach perfekt! Es ist definitiv ein Job, in dem ich alt werden möchte (lacht).