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Cornelia Jahn

Einrichtungsleitung Thomas-Breit-Haus und Bahnhofsmission

Eigentlich ist der komplette Arbeitsbereich ein besonderes Erlebnis. Es ist so wahnsinnig span-nend, mit diesen Menschen zu arbeiten, sie kennenzulernen, mehr über ihre Lebensgeschichte zu erfahren und ihre Entwicklung zu verfolgen.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Morgens frühstückt jemand aus dem Team gemeinsam mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern und bespricht dabei die Tagesstruktur und was in den nächsten Tagen oder dieser Woche so ansteht. Ich bin für die Erstellung der Hilfepläne und die Dokumentation verantwortlich und führe mit den Bewohnerinnen und Bewohnern hierzu regelmäßig Gespräche. Der persönliche Kontakt ist mir sehr wichtig, denn genau deswegen habe ich Soziale Arbeit studiert: Um mit Menschen in den Austausch treten und ihnen Unterstützung anbieten zu können.

Auch mit meinen Teammitgliedern bin ich häufig in Besprechungen und leite unsere Praktikant*innen und FSJler*innen fachlich an. Das macht besonders viel Spaß, denn somit kann ich persönlich einen Beitrag zur  Ausbildung eventuell zukünftiger Kolleginnen und Kollegen leisten.

Natürlich gehört auch die Finanz- und Personalplanung zu meinen Aufgaben, sowohl im Thomas-Breit-Haus, als auch in der Bahnhofsmission. Hier bin ich auch regelmäßig vor Ort und schaue nach dem Rechten.

* Thomas-Breit-Haus: Eine Einrichtung für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten. Das Team betreut alleinstehende wohnungslose und aus der Haft entlassene Frauen und Männer mit dem Ziel der Stabilisierung und Verselbständigung. (Anmerkung der Redaktion)

Wie lang bist du schon bei der Diakonie und wie bist du zur Diakonie gekommen?

Eigentlich habe ich nach der Schule eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen und dann mein Fachabitur im Bereich Wirtschaft und Verwaltung gemacht. Dennoch habe ich mich immer im sozialen Bereich gesehen, das war für mich eine Art Berufung. Mein Vorpraktikum zum Studium der Sozialen Arbeit an der Hochschule Coburg habe ich dann in der Erziehungsberatung der Diakonie in Hof absolviert. Nach meinem Masterabschluss stellte sich mir die Frage, ob ich eine Promotion anstreben oder lieber einen Beruf ausüben wollte. Durch ein Praxissemester im Frauenhaus in Bayreuth hatte ich schon erste berufliche Erfahrungen sammeln können und mich in diesem Arbeitsbereich sofort wohlgefühlt. Als dann 2014 eine Stelle als Elternzeitvertretung beim Frauennotruf und in der Arbeitslosenberatung der Diakonie Hochfranken frei wurde, habe ich mich sofort angesprochen gefühlt, mich beworben und die Stelle bekommen. Ich habe somit nach dem Studium eine einzige Bewerbung geschrieben, wurde zu einem einzigen Vorstellungsgespräch eingeladen und habe sofort einen Job gefunden (lacht). Als die Kollegin ihre Elternzeit beendet hatte, habe ich ab Ende 2016  in der Migrationsberatung gearbeitet und gleichzeitig im Thomas-Breit-Haus mit einer Kollegin eine neue Wohngruppe für wohnungslose Frauen aufgebaut. Das war damals und ist bis heute das einzige Angebot dieser Art in ganz Oberfranken! Mittlerweile konnten wir diese Wohngruppe von ehemals drei Plätzen auf insgesamt sechs Plätze in derzeit zwei Wohngruppen ausbauen. Eine weitere Erweiterung befindet sich derzeit in Planung.

Als dann 2018 mein ehemaliger Vorgesetzter in den Ruhestand ging, bin ich seine Nachfolgerin geworden. Das war schon sehr aufregend mit Anfang 30 die Leitung einer solchen Einrichtung zu übernehmen. Aber durch die gute Unterstützung meiner Bereichsleitung und mein Team habe ich mich sehr schnell sehr gut einarbeiten können. Ich übernehme mittlerweile gern die Verantwortung und treffe Entscheidungen – ich bin definitiv mit dieser neuen Funktion gewachsen!

Gibt es ein besonderes Erlebnis, über das du berichten möchtest?

Eigentlich ist der komplette Arbeitsbereich ein besonderes Erlebnis (lacht). Es ist so wahnsinnig spannend, mit diesen Menschen zu arbeiten, sie kennenzulernen, mehr über ihre Lebensgeschichte zu erfahren und ihre Entwicklung zu verfolgen. Mir ist im Speziellen aufgefallen, dass vor allem Menschen mit Heimerfahrung hier bei uns landen. Menschen also, die oft in jungen Jahren ihre Eltern verloren oder in ihrem Leben wenig Unterstützung erfahren haben und die in schwierigen Situationen nicht auf ein soziales Netzwerk zurückgreifen können. Die sozialen Beziehungen im Leben eines Menschen sind so unglaublich entscheidend! Nichts desto trotz hat jeder Bewohner und jede Bewohnerin einen total liebenswerten und heilen Kern. Jeder Mensch trägt etwas Gutes in sich, man muss es nur hervorkitzeln. Ich finde es schade, dass es gegenüber Wohnungslosen und Haftentlassenen noch immer so viele Vorurteile gibt. Oft werden sie als „Trinker“ oder „einfach zu faul zum arbeiten“ beschrieben. Das macht mich traurig! Auf die persönlichen Schicksale achtet man wenig und wir sind oft die einzigen Vertrauenspersonen, die diese Menschen haben. Gerade wenn sie über einen längeren Zeitraum in unserer Einrichtung wohnen, werden sie einem sehr vertraut. Auch unter den Bewohnerinnen und Bewohnern geht es sehr sozial zu und die Hausgemeinschaft lebt in einem starken Zusammenhalt. Natürlich müssen wir auch mal Streitigkeiten schlichten, aber das versuchen wir einfach mit Humor zu nehmen (lacht). Alle, die bei uns unterkommen, sind freiwillig hier und können die Einrichtung jederzeit wieder verlassen. Unser längster Bewohner lebt schon 12 Jahre bei uns! Natürlich ist es aber unser Ziel, diesen Menschen auf dem Weg in eine selbständige Lebensführung zu helfen. Oft gelingt uns dies, manchmal werden unsere Hilfsangebote jedoch auch nicht angenommen und viele Brücken in ein „normales“ Leben, die wir gemeinsam errichtet haben, wieder eingerissen. Dennoch reichen wir jedem eine helfende Hand und freuen uns über die Dankbarkeit, die uns in so vielen unterschiedlichen Formen zum Ausdruck gebracht wird.

Was schätzt du an deiner Arbeit bei der Diakonie Hochfranken besonders?

In meinem Team haben alle viel Humor und wir lachen viel miteinander. Und ich finde es toll, dass wir flache Hierarchien haben und immer ein Ansprechpartner da ist. Außerdem ist es von Vorteil, dass die Diakonie Hochfranken so viele Hilfsangebote für Menschen in unterschiedlichen Notlagen bereithält. Da wir alle gut untereinander vernetzt sind, sind die Wege kurz und man kann auch an anderer Stelle schnell und unkompliziert Unterstützung erhalten.